Feedforward vs. Feedback - Warum klassisches Feedback oft nicht mehr reicht
- Doris Lindner

- 24. Aug.
- 6 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 21. Okt.
Dienstag, 14:30 Uhr.
Du hast dir extra Zeit genommen, um Feedback zu geben. Klar, konstruktiv, mit Beispielen. Dein Mitarbeitender nickt, bedankt sich sogar. Zwei Wochen später: keine Veränderung.
Du fragst dich: „Hab ich mich nicht klar ausgedrückt?“ Oder: „Ist das Feedback einfach untergegangen?“
Dann geht es dir wie vielen Führungskräften, die merken: Feedback allein bringt selten echte Veränderung. Es analysiert die Vergangenheit. Aber was ist mit der Zukunft?
Hier kommt Feedforward ins Spiel.
👉 Feedback-Methoden sind nur so stark wie die Kommunikation dahinter. Warum Kommunikation dein wichtigstes Führungswerkzeug ist, liest du hier: Kommunikation als Führungskraft - dein wichtigstes Werkzeug.

Inhaltsangabe
Was ist Feedforward - was ist Feedback?
Ursprung und Weiterentwicklung - Von der Technik zur Haltung
Was wir heute daraus machen - Feedforward im Coaching- und Führungsalltag
Unterschiede im Vergleich: Vergangenheit vs. Zukunft
Feedback oder Feedforward? Die Stärken beider Formate im Vergleich
Was Feedforward im Kopf verändert - psychologische Wirkung
Anwendung in typischen Führungssituationen
Das Missverständnis: Feedforward ist kein nett verpacktes Feedback
Feedforward auf Stärken anwenden - ohne zu pushen
Wann passt was? Vergleichstabelle Feedforward vs. Feedback
Fazit: Beides kennen, bewusst wählen können
Was ist Feedforward - was ist Feedback?
Feedback ist Rückmeldung zu etwas Vergangenem. Ein Verhalten, eine Entscheidung, eine Wirkung - aus deiner Perspektive.
💬 Beispiel: „Mir ist aufgefallen, dass du gestern sehr dominant im Meeting warst. Das hat andere gehemmt.“
Feedforward dagegen lenkt den Blick nach vorn. Es ist eine Einladung zur Entwicklung: konkret, konstruktiv, zukunftsgerichtet.
💬 Beispiel: „Was würde dir helfen, beim nächsten Mal andere stärker einzubeziehen?“
Beide Instrumente haben ihren Platz, aber sie wirken unterschiedlich.
Ursprung und Weiterentwicklung - Von der Technik zur Haltung
Der Begriff Feedforward wurde von Leadership-Coach Marshall Goldsmith geprägt - als radikaler Gegenentwurf zum klassischen Feedback.
Seine Grundidee: Statt die Vergangenheit zu bewerten, gestalten wir die Zukunft.
Goldsmiths ursprünglicher Ansatz ist eine einfache, aber wirkungsvolle Übung:
Eine Person benennt ein Ziel für die Zukunft, zum Beispiel: „Ich möchte besser darin werden, im Team zuzuhören.“
Andere geben daraufhin konkrete Vorschläge, wie das gelingen kann - ganz ohne Bewertung, ohne Rückblick auf alte Fehler, ohne Diskussion.
Die einzige Reaktion des Empfängers: „Danke.“
Feedforward in dieser Form ist kein Dialog, sondern ein lösungsorientiert Impulsgeber. Es geht nicht darum, Probleme zu analysieren, sondern darum, Entwicklung zu ermöglichen.
👉 Du willst den Originalansatz von Marshall Goldsmith kennenlernen? Dann lies: Feedforward-Ursprung - Von der Idee zur Führungsmethode
Was wir heute daraus machen - Feedforward im Coaching- und Führungsalltag
In der Coaching-Praxis hat sich dieser Ansatz weiterentwickelt.
Die eine Frage ist geblieben: Was kann in Zukunft besser laufen?
Aber daraus ist mehr geworden:
Ein Gesprächsansatz, der Selbstwirksamkeit stärkt
Ein Führungsstil, der Verantwortung fördert statt zu bewerten
Ein Kommunikationsformat, das Klarheit schafft, ohne Druck auszuüben
Heute nutzen Coaches und Führungskräfte Feedforward nicht nur als punktuelle Übung, sondern als strukturiertes Gesprächsformat mit spürbarem Einfluss auf Motivation, psychologische Sicherheit und Teamkultur.
👉 Du willst Feedforward selbst ausprobieren? In diesem Beitrag zeige ich dir die Feedforward-Methode im Führungsalltag - 5 Schritte zur Anwendung - von der Vorbereitung bis zur Umsetzung im Team
Unterschiede im Vergleich: Vergangenheit vs. Zukunft
Feedback schaut in den Rückspiegel - Feedforward durch die Windschutzscheibe.
Feedback fragt: Was war gut / schlecht?
Feedforward fragt: Was brauchst du, um es besser zu machen?
Gerade bei unsicheren Führungskräften oder Mitarbeitenden in Lernprozessen kann Feedforward der fehlende Hebel sein, um aus Kritik echte Entwicklung zu machen.
Feedback oder Feedforward? Die Stärken beider Formate im Vergleich
Feedback ist nicht das Problem, sondern oft nur das falsche Werkzeug im falschen Moment. Wenn du Feedback gibst, geht es um Erkennen, Einordnen, Verstehen. Feedforward dagegen setzt an bei Wachstum, Veränderung, Gestaltung.
Beides hat seine Stärken: du musst nur wissen, wann was stärker wirkt:
Was Feedforward im Kopf verändert - psychologische Wirkung
Wenn du Feedback gibst, verarbeitest du Erlebtes. Das Gehirn des Gegenübers? Ist oft mit Schutzreaktionen beschäftigt. Studien zeigen: Klassisches Feedback kann Scham, Rechtfertigung oder Rückzug auslösen - gerade wenn Vertrauen noch fehlt.
Feedforward dagegen aktiviert andere Areale: Es zielt auf Zukunft, Handlungsspielraum, Selbstwirksamkeit. Und das verändert die innere Haltung.
Selbstwirksamkeit stärken: In Studien zu Feedforward berichten Teilnehmende von mehr Zuversicht und Motivation (Kluger & Nir, 2010).
Selbstbestimmung fördern: Laut der Self-Determination Theory (Deci & Ryan) steigt die intrinsische Motivation, wenn Menschen eigene Lösungen entwickeln dürfen - genau das fördert Feedforward.
Psychologische Sicherheit erhöhen: Zukunftsorientierte Impulse werden weniger als Bewertung wahrgenommen und damit emotional sicherer.
Kurz: Wer Entwicklung anstoßen will, braucht mehr als Rückspiegel. Er braucht Richtung.
Anwendung in typischen Führungssituationen
1. Einstieg neuer Mitarbeitender
Situation: Anna ist neu im Team und zeigt Unsicherheit.
Feedforward: "Als nächstes könntest du XYZ ausprobieren" oder „Was würde dir helfen, beim nächsten Mal noch klarer zu präsentieren?“
2. Wiederkehrende Fehler in Routine-Aufgaben
Situation: Tobias übersieht regelmäßig Details im Reporting.
Feedforward: „Was brauchst du, um vor dem nächsten Report eine Abschlussprüfung einzubauen?“
3. Überforderung bei Übernahme von Verantwortung
Situation: Maria übernimmt ein Projektteam und wirkt überfordert.
Feedforward: „Was möchtest du dir fürs nächste Weekly vornehmen, um Klarheit ins Team zu bringen?“
Das Missverständnis: Feedforward ist kein nett verpacktes Feedback
Viele verwechseln Feedforward mit weichgespültem Feedback. Aber Feedforward ist kein verkleideter Tadel, es ist eine Einladung zur Entwicklung.
Beispiel 1 - Redeanteil im Meeting
❌ Feedback: „Du hast sehr dominiert. Bitte künftig weniger reden.“
✅ Feedforward: „Was würde dir helfen, im nächsten Meeting bewusster Raum für andere zu lassen?“
Beispiel 2 - Holprige Präsentation
❌ Feedback: „Das war unstrukturiert.“
✅ Feedforward: „Was brauchst du, um deine Kernaussage beim nächsten Mal klarer zu machen?“
Beispiel 3 - Angespannte Stimmung im Team
❌ Feedback: „Der Ton ist oft rau.“
✅ Feedforward: „Was könntest du im nächsten Teammeeting tun, um die Atmosphäre positiv zu beeinflussen?“
Feedforward stellt nicht bloß fest, es öffnet Handlungsspielraum und stärkt Selbstverantwortung.
👉 Wenn Feedforward nicht einfach freundlicheres Feedback ist, was ist dann eigentlich Lob, was Anerkennung, was Wertschätzung?
Feedforward auf Stärken anwenden - ohne zu pushen
Auch positives Feedback kann mehr bewirken, wenn es nicht beim Schulterklopfen stehen bleibt. Mit Feedforward lenkst du den Blick deiner Mitarbeitenden gezielt auf das, was sie bewusst weiterentwickeln oder wiederholen möchten.
Beispiel 1 - Präsentation mit Wirkung
💬 Feedback: „Deine Präsentation heute war klar, strukturiert und richtig souverän. Das kam richtig gut an.“
💬 Feedforward: „Gibt’s etwas, das du beim nächsten Mal gern ausprobieren würdest, um deine Wirkung noch weiter auszubauen?“
Beispiel 2 - Konstruktiver Umgang mit Kritik
💬 Feedback: „Du hast im Teamgespräch sehr ruhig auf Kritik reagiert. Das hat Eindruck gemacht.“
💬 Feedforward: „Was möchtest du dir mitnehmen, um in künftigen Konflikten ähnlich souverän zu bleiben?“
Beispiel 3 - Starkes Onboarding einer neuen Kollegin💬
Feedback: „Dein Onboarding der neuen Kollegin war strukturiert und sehr wertschätzend.“
💬 Feedforward: „Was möchtest du dir fürs nächste Onboarding unbedingt beibehalten?“
Besonders wirksam: erst Feedback, dann Feedforward.
Zeig Wertschätzung für das, was war. Und öffne dann den Raum für das, was wachsen kann.
Wann passt was? – Vergleichstabelle Feedforward vs. Feedback
Fazit: Beides kennen, bewusst wählen können
Du brauchst keinen Werkzeugkoffer voller Methoden. Du brauchst die Klarheit, wann welches Werkzeug wirkt. Feedback schafft Orientierung. Feedforward aktiviert Entwicklung.
Stell dir vor: Statt Feedforward vs Feedback kombinierst du beides. Sagst, was war, und fragst, was werden kann.
Das ist Führung, die wirkt.
Häufige Fragen zu Feedforward vs Feedback
Was ist der Unterschied zwischen Feedback und Kritik?
Kritik ist oft problemorientiert und bewertend. Feedback ist breiter gefasst: Es beschreibt Wirkung - positiv wie negativ - und dient der Reflexion. Es kann konstruktiv sein, ohne zu kritisieren.
Ist Feedforward auch für kritische Gespräche geeignet?
Ja, vor allem, wenn du Entwicklung fördern willst. Es ersetzt kein klares Feedback, bietet aber einen zukunftsgerichteten Rahmen, der nicht verletzt, sondern aktiviert.
Was mache ich, wenn jemand sowohl Feedback als auch Feedforward ablehnt?
Dann lohnt sich ein Gespräch über die Beziehung und die Erwartungen. Widerstand ist oft ein Hinweis auf fehlendes Vertrauen oder schlechte Erfahrungen mit Feedback.
Kann ich Feedforward auch ohne Führungsverantwortung nutzen?
Absolut. Auch Kolleg*innen, Projektleitungen oder HR können Feedforward nutzen, z. B. in der Zusammenarbeit im Projekt, im fachlichen Austausch oder zur Unterstützung bei einer Einarbeitung. Überall dort, wo du andere in ihrer Entwicklung begleiten möchtest, kann Feedforward wirksam sein.
Wie gehst du um, wenn jemand Lob will - aber keine Entwicklung?
Dann hilft die Kombination: Bestärke das Gelungene und frage behutsam, was das nächste Lernfeld sein könnte. Feedforward soll nicht fordern, sondern einladen.
Du willst Feedforward ausprobieren?
👉 Du willst wissen, wie Feedforward ganz konkret funktioniert? Dann lies den Beitrag Feedforward-Methode im Führungsalltag: 5 Schritte zur Anwendung, in dem ich dir zeige, wie du Feedforward einsetzt - Schritt für Schritt.
👉 Im Beitrag Feedforward-Beispiele findest du außerdem praxiserprobte Gesprächsimpulse und einen Spickzettel zum Download. Veröffentlichung in Kürze
👉 Warum klassische Jahresgespräche in der Praxis selten wirken - und wie Feedforward eine echte Alternative sein kann - erkläre ich im Beitrag Das Märchen vom Mitarbeiterjahresgespräch
Oder: Lass uns sprechen. Ich zeige dir, wie du Feedforward so einsetzt, dass dein Team wirklich wächst - Schritt für Schritt.
🎯 Für Führung, die wirkt - und Teams, die bleiben.
Deine Doris von Your Business Coach

Autorin:
Doris ist erfahrene Leadership-Trainerin und systemische Business Coach mit einem Herz für KMUs. Aufgewachsen in einem Familienunternehmen, weiß sie, wie entscheidend gute Führung für den Erfolg eines Teams ist.
Aus eigener Erfahrung als Führungskraft auf Bereichsleiterebene kennt sie die täglichen Herausforderungen von Führung - besonders in technischen Unternehmen. Seit 2006 hilft sie Führungskräften, Vertrauen aufzubauen, Mitarbeiter zu halten und echte Leadership-Skills zu entwickeln.



