Lob, Anerkennung, Wertschätzung - was ist der Unterschied?
- Doris Lindner

- 21. Okt.
- 5 Min. Lesezeit
Aktualisiert: vor 1 Tag
Warum die Unterscheidung wichtig ist
„Nicht geschimpft ist gelobt genug.“
Diesen Satz habe ich schon in fast jedem deutschen Dialekt gehört. Und überall wird mir erklärt: „Ja, das ist typisch für unsere Region. So machen wir das halt.“
Das zeigt, wie stark Sprache den Alltag prägt - gerade in technisch geprägten KMUs. Hier lohnt es sich, genauer hinzusehen: Denn Lob, Anerkennung und Wertschätzung sind nicht das Gleiche. Wer die Unterschiede versteht, führt bewusster, und baut mehr Vertrauen auf (vgl. Bartelt, Uni Duisburg-Essen).

Was bedeutet Lob?
Lob ist punktuell. Es bezieht sich auf ein klares Ergebnis oder eine konkrete Handlung.
Beispiele:
„Danke, dass du die Störung an der Anlage gestern so schnell behoben hast. Das hat uns zwei Tage Stillstand erspart.“
„Gut präsentiert. Deine Folien waren klar strukturiert und leicht verständlich.“
„Super, dass du die Deadline heute eingehalten hast, obwohl es eng war.“
🎯 Wirkung: Lob zeigt Aufmerksamkeit für Leistung. Doch gerade in vielen technischen Betrieben wurde Lob lange als „weich“ oder „unnötig“ abgetan. Viele Führungskräfte halten bis heute an der Haltung fest: „Wenn keiner schimpft, ist das Lob genug.“ (vgl. LMU München)
Merke: Lob ist nur dann wirksam, wenn es konkret und ehrlich ist. Floskel-Lob wirkt schnell abwertend.
👉 Wenn du wissen willst, worauf du beim Loben im Alltag achten solltest, lies hier weiter: Die häufigsten Fehler beim Loben - und wie du sie vermeidest
Was bedeutet Anerkennung?
Anerkennung geht tiefer. Sie würdigt Kompetenzen oder Verhalten, das dauerhaft einen Unterschied macht.
Beispiele:
„Deine ruhige Art, komplexe Probleme mit den Kunden Schritt für Schritt durchzugehen, bringt uns regelmäßig Aufträge zurück.“
„Deine Genauigkeit bei den Zeichnungen spart uns später viele Fehler.“
„Deine Bereitschaft, Kolleginnen und Kollegen einzuarbeiten, sorgt dafür, dass wir schneller handlungsfähig sind.“
🎯 Wirkung: Anerkennung stärkt das Selbstbild und macht Kompetenzen sichtbar (vgl. Bartelt, Uni Duisburg-Essen). Genau das fehlt oft in KMUs, weil der Fokus stark auf Technik und Fakten liegt. „Soft Skills“ wurden lange unterschätzt - bis die jüngere Generation stärker eingefordert hat, dass neben Leistung auch Haltung und Zusammenarbeit zählen.
Für viele erfahrene Führungskräfte ist das ein Kulturbruch. Aber gerade in Zeiten von Fachkräftemangel ist Anerkennung mehr als ein Extra - sie ist ein Bindungsfaktor.
Was bedeutet Wertschätzung?
Wertschätzung richtet sich an den Menschen selbst - unabhängig von Leistung.
Beispiele:
„Ich schätze es, dass du immer offen deine Meinung sagst, auch wenn es unbequem ist.“
„Es ist gut, dass du im Team bist - deine Haltung macht einen Unterschied.“
„Ich freue mich jedes Mal, wenn ich sehe, wie du mit den Kolleginnen umgehst – das macht die Zusammenarbeit leichter.“
🎯 Wirkung: Wertschätzung baut Vertrauen und Verbundenheit auf (vgl. LMU München). In vielen Familienunternehmen ist das tief verankert. Dort denkt die Unternehmensführung oft in Generationen, nicht in Quartalen. Mitarbeitende bleiben über Jahrzehnte, man kennt sich und zeigt Interesse.
Ein persönliches Beispiel: Mein Vater hat als Unternehmer jeden Morgen einen Rundgang durchs Werk gemacht - nicht zur Kontrolle, sondern um die Stimmung zu spüren, nahbar zu bleiben und ansprechbar zu sein. Diese Form von Wertschätzung war für die Mitarbeitenden spürbar und wirksam.
Auch heute treffe ich immer wieder Führungskräfte, die genau das machen, und am guten Verhältnis zu ihrem Team merkt man, dass sich diese Zeitinvestition wirklich auszahlt. Damit wird auch deutlich: Wertschätzung zeigt sich nicht nur in Worten, sondern auch in Gesten und Ritualen. Genau dort knüpfen die folgenden Praxisbeispiele an.
Praxisbeispiele: Unterschiede im Arbeitsalltag
Wertschätzung zeigt sich nicht nur in Worten. Auch kleine Gesten und Rituale gehören dazu - etwa ein morgendlicher Rundgang, ein kurzer Dank in der Kaffeepause oder gemeinsame Teamrituale. Solche Signale sind besonders wertvoll für Mitarbeitende, die mit verbalem Lob weniger anfangen können.
👉 Ausführliche Infos zu Feedback-Ritualen im Team findest du im Beitrag Sechs Maßnahmen zur Mitarbeiterbindung: So stärkst du den Teamgeist und verhinderst Kündigungen.
💡 Typisch für viele KMUs: Während Lob oft zufällig oder gar nicht geäußert wird, fehlt Anerkennung systematisch - und Wertschätzung hängt stark von der Unternehmenskultur ab.
Fazit - Sprache bewusst nutzen
Ob Lob, Anerkennung oder Wertschätzung: Jede Form hat ihren Platz. Wer sie verwechselt oder beliebig mischt, verliert Wirkung.
Lob macht Erfolge sichtbar.
Anerkennung stärkt Kompetenzen.
Wertschätzung bindet Menschen.
Gerade im Maschinenraum von KMUs gilt: Sprache ist kein weiches Beiwerk, sondern ein Führungsinstrument (vgl. Bartelt, Uni Duisburg-Essen). Wer präzise formuliert, baut Vertrauen auf – und sorgt dafür, dass Mitarbeitende bleiben.
Deine Fragen - meine Antworten
Was ist wertvoller - Lob oder Anerkennung?
Lob wirkt kurzfristig, Anerkennung langfristig. Am wirksamsten ist die Kombination - eingebettet in echte Wertschätzung (vgl. LMU München).
Wie drücke ich Wertschätzung ohne Worte aus?
Durch Präsenz, Zuhören, offene Körpersprache und kleine Gesten: Zeit nehmen, nachfragen, Blickkontakt halten. Gerade im hektischen KMU-Alltag sind diese Signale oft stärker als Worte.
Kann zu viel Lob unglaubwürdig wirken?
Ja - vor allem, wenn es nach dem Gießkannenprinzip verteilt wird. Spüren Mitarbeitende, dass sich die Führungskraft keine Gedanken über die tatsächliche Leistung gemacht hat, entlarvt sich das Lob als Floskel. Besser: klar, konkret und ehrlich.
Wie formuliere ich Anerkennung richtig im technischen Umfeld?
Anerkennung wird wirksam, wenn sie präzise auf Kompetenzen eingeht. Statt allgemeiner Aussagen wie „Gut gemacht“ solltest du beschreiben, was genau hilfreich war: „Deine gründliche Dokumentation macht es neuen Kollegen leichter, sich schnell einzuarbeiten.“ So wird deutlich, dass du die Fachleistung wirklich verstanden hast.
Wie kann ich als Führungskraft Wertschätzung im stressigen Alltag zeigen?
Gerade in KMUs mit hohem Druck ist Zeit knapp. Doch schon kleine Gesten wirken: ein kurzer Rundgang durch die Werkhalle, eine Nachfrage im Meeting, ein ehrliches Danke per Chat. Entscheidend ist, dass Wertschätzung regelmäßig sichtbar wird, auch wenn sie nur wenige Sekunden kostet.
👉 Ausführliche Tipps zu konkreten Feedback-Ritualen findest du im Beitrag Sechs Maßnahmen zur Mitarbeiterbindung.
Studienhinweise:
👉 Weiterführende Beiträge:
Mitarbeiterbindung im Mittelstand: Warum loyale Teams dein größtes Kapital sind
Sechs Maßnahmen zur Mitarbeiterbindung: So stärkst du den Teamgeist und verhinderst Kündigungen (ausführlicher Abschnitt zu Feedback-Ritualen im Team)
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Dein nächster Schritt - unverbindlich ins Gespräch kommen
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🎯 Für Führung, die wirkt - und Teams, die bleiben.
Deine Doris von Your Business Coach

Autorin:
Doris ist erfahrene Leadership-Trainerin und systemische Business Coach mit einem Herz für KMUs. Aufgewachsen in einem Familienunternehmen, weiß sie, wie entscheidend gute Führung für den Erfolg eines Teams ist.
Aus eigener Erfahrung als Führungskraft auf Bereichsleiterebene kennt sie die täglichen Herausforderungen von Führung - besonders in technischen Unternehmen. Sie hilft Führungskräften, Vertrauen aufzubauen, Mitarbeiter zu halten und echte Leadership-Skills zu entwickeln.


